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Welterbe Donau er-fahren: 4. Metten - Niederalteich

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Donau-Landschaft im Klimawandel: 33. Donaukongress in Niederalteich

„Die Klimakrise vollzieht sich auch bei uns“ – mit diesem Satz eröffnete Hubert Weiger, Ehrenvorsitzender des BUND Naturschutz Bayern, den Themenschwerpunkt des Donaukongresses, zu dem der Verband am 7. und 8. Dezember bereits zum 33.-mal einlud. Zum ersten Tag in der Landvolkshochschule in Niederalteich mit insgesamt sechs Fachvorträgen konnte er zusammen mit Georg Kestel, dem Vorsitzenden der Kreisgruppe Deggendorf, und Mirjam Sigl als Vertreterin der Landvolkshochschule etwa 65 Teilnehmerinnen und Teilnehmer begrüßen. Namentlich hieß Kestel unter anderem MdB Marlene Schönberger und MdL Mia Goller (beide von den Grünen) willkommen; außerdem konnte er mit Stefan Radlmair, Annette Plank und Christiane Kotz Vertreter und Vertreterinnen der Naturschutzfachbehörden begrüßen, sowie zahlreiche Gäste, die zum teil aus ganz Bayern angereist waren. Das Publikum des Kongresses ist sowohl im BN, wie auch in zahlreichen befreundeten Verbänden und Gruppen wie dem Landesbund für Vogelschutz, den Naturfreunden Deutschlands und z. B. bei den Freundinnen der Donau aktiv. Kestel bedankte sich außerdem bei seinen Kolleginnen und Kollegen im Vorstand für die ehrenamtlich geleistete Vorbereitung des Kongresses und bei Irene Weinberger-Dalhof, die für den BN die Organisation leistet.

„Die Überflutungen in diesem Sommer in Schwaben und Oberbayern, dann in Tschechien, Polen und Niederösterreich sowie im Herbst in Südspanien waren ein Anstoß für das Thema des aktuellen Kongresses“, so Weiger. Er hatte zuvor an die frühere Ausrichtung des Kongresses vor allem auf den Ausbau der Wasserstraße Donau, sowie in einer Gedenkminute an Dieter Scherf, den im Oktober verstorbenen früheren Vorsitzenden des BN Deggendorf, erinnert.

Weiger charakterisierte die Klimaänderung als „gewaltige, vom Menschen verursachte Vorgänge in der Natur“, die bei uns auf eine Landschaft treffen würden, die in der Vergangenheit großflächig verändert worden sei. So seien laut dem Bundesamt für Naturschutz über die Jahrzehnte nach dem Krieg 30 Milliarden Euro ausgegeben worden, um Gewässer auszubauen und zu begradigen und Feuchtgebiete trocken zu legen – was sich angesichts der Erderwärmung jetzt als gravierender Fehler herausstelle.

Wie ändert sich das Regionalklima?

Im ersten Vortrag zeigte Holger Komischke, Leiter des Bayerischen Klimazentrums im Landesamt für Umwelt, sowohl die gemessenen Veränderungen wie auch den aktuellen Stand der Prognosen für die bayerische Donauregion. Außerdem präsentierte er Daten zu den Änderungen in den Oberflächengewässern und im Grundwasser. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Temperaturen hier bisher im Schnitt bereits 1,9 ° gegenüber dem langjährigen Mittel angestiegen sind – mehr als im globalen Durchschnitt, was auf die Lage im europäischen Festland zurückgeht. Die Regensumme über das Jahr bleibt zwar in etwa gleich – allerdings ändert sich die Verteilung spürbar: Niederschläge fallen verstärkt als Starkregen, die Sommer werden eher trockener und die Winter feuchter, dabei fällt jedoch im Winter weniger Schnee und mehr Regen.

Auch wenn sich in den Modellen für die Gewässer bisher meist nur Trends und Bandbreiten angeben lassen – für die Donau ist eine Verschiebung hin zu ausgeprägteren Niedrigwasserphasen im Sommer und im Herbst zu erwarten. Und auch wenn das eher durchschnittlich „nasse“ Jahr 2024 positiv wirkt, zeigt der langfristige Trend im Grundwasser nach unten, was seine Wirkungen auf die Trinkwasserversorgung und z. B. die mögliche Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen haben kann.

Möglichkeiten der Anpassung an die Erderwärmung

Die anschließenden Vorträge widmeten sich vor allem der Frage, wie die Landschaft an die Veränderungen angepasst werden kann.

Kai Deutschmann, am Landesamt für Umwelt Bayern zuständig für Gewässerentwicklung und Auen, präsentierte die „Auenentwicklungspotenziale in Bayern“ – Ergebnis einer genauen (und entsprechend zeitaufwändigen) Analyse einer Vielzahl von Daten. Mittlerweile sind jedoch bayernweit Karten verfügbar, die sowohl die standörtliche Eignung, wie auch Restriktionen und bayernweit z. B. 62 „Gunsträume“ für die Neuentwicklung von Auen zeigen. Deutschmann präsentierte außerdem Überblickskarten über bereits durchgeführte Maßnahmen von Kommunen und Ämtern. Er lud dazu ein, die Daten des LfU zu nutzen, um weitere Maßnahmen zur Wiederentwicklung von Auen auf den Weg zu bringen.

Das „Auerbergland“ am Lech auf dem Weg in die „Schwammregion“

Gut möglich, dass in der Region am Lech zwischen Forggensee und Augsburg schon bald genau solche Projekte neu hinzukommen. Hier haben sich 14 Gemeinden bereits vor mehr als 30 Jahren zu einem Verbund (heute „ILE Auerbergland“) zusammengeschlossen. Karl Schleich, Bürgermeister der Gemeinde Bernbeuren und Vorsitzender dieser ILE, stellte sowohl den Verbund, wie auch bereits durchgeführte Maßnahmen zum Rückhalt von Wasser in der Landschaft vor. „Am liebsten sind uns die einfachen und kostengünstigen Maßnahmen wie zum Beispiel die Anhebung von landwirtschaftlichen Wegen an einer geeigneten Stelle – mit der Folge, dass bei Starkregen das Wasser dahinter stehen bleibt und versickert. Alles, was wir an Wasserrückhalt auf diese Weise machen, landet nicht in der Donau!“, erklärte er dazu.

Die ILE Auerbergland wurde zudem aktuell als eine von 10 Gemeindeverbünden für das Projekt „Schwammregionen“ des bayerischen Landwirtschaftsministeriums ausgewählt. Sie kann dafür auf ein bereits laufendes Projekt für „klimafeste und wassersensible Landschaften“ zurückgreifen. Im Zuge der „Schwammregion“ wird eine entsprechende Personalstelle für 5 Jahre finanziert, die vor allem Potenziale für weitere Maßnahmen identifizieren und Fördermöglichkeiten ermitteln soll. „Die Schwierigkeit ist dabei weniger, dass keine Daten verfügbar sind, sondern dass diese für die Gemeinde, den Bürgermeister und die Bürger anschaulich aufbereitet werden“, erklärte Schleich.

Wiedervernässungen und Gewässerrenaturierungen im Bayerischen Wald – mit Effekt auf den „kleinen Wasserkreislauf“

Wie Maßnahmen zur Wiedervernässung tatsächlich aussehen, konnte Tobias Windmaißer an einer Vielzahl von Beispielen aus dem Bayerischen Wald zeigen; Windmaißer ist dort für den BUND zuständig für die „Quervernetzung“ zum Grünen Band (dem ehemaligen Grenzstreifen) und für die bayerische Seite eines Projekts, in dem etwa 2500 ha Moor (vor allem im tschechischen Nationalpark Šumava) per Wiedervernässung zu einem neuen Leben verholfen wurde. Kombiniert wurde dies in der Regel mit der Renaturierung der dortigen Kleingewässer. „Das hat deutlich positive Effekte auch auf den ‚kleinen Wasserkreislauf‘, also die Verdunstung und Kühlung vor Ort und die nächsten Niederschläge“, so Windmaißer. Die Beeinträchtigung dieses „kleinen Kreislaufs“ würde dagegen den globalen Klimawandel noch verstärken, wie der Referent anhand von Nachuntersuchungen zu den Moor-Wiedervernässungen darstellte. „Zugleich fördert das, ebenso wie z. B. die Reaktivierung der Wässerwiesen im Bayerischen Wald, den Rückhalt von Wasser in der Landschaft und die Artenvielfalt.“

Auwälder für den Klimaschutz

Als grundsätzlich ähnliche Maßnahme, aber in einem bedeutend größeren Maßstab, präsentierte anschließend Ronja Hallerbach vom „BUND-Auenzentrum Burg Lenzen“ an der Elbe in einem Online-Beitrag die dortige Auenlandschaft, sowie die an der Elbe durchgeführten oder geplanten großflächigen Deichrückverlegungen (allein bei Lenzen etwa 450 ha). Gezeigt wurden vor allem aber auch die Ergebnisse zu den Klimaschutz-Effekten, die die Neuentwicklung von Auwäldern haben. „Auch wenn das Hochwasser von 2013 und Eisbildung in einem Winter die Neubegründung von Pflanzungen erschwert hat – ein sehr bemerkenswertes Ergebnis ist, dass Hartholz-Auwälder fast doppelt soviel CO2 aufnehmen und speichern wie der deutsche ‚Durchschnittswald‘“, so Hallerbach.

Neue rechtliche Regelungen der EU zur Wiederherstellung der Natur

Der letzte Vortrag von Dr. Christine Margraf, der Fachreferentin Flüsse und Auen des BUND Naturschutz, widmete sich der aktuellsten rechtlichen Entwicklung im Naturschutz. Gemeint ist die „Verordnung zur Wiederherstellung der Natur“ der EU (auch als „Nature Restoration Law“ bekannt). Dabei handelt es sich um „ein Gesetz, dass es wohl nicht gebraucht hätte, wenn man die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie vollständig und zügig umgesetzt hätte“, so die Einschätzung von Dr. Margraf.

Die Biologin zeigte sowohl die Ziele wie auch die verschiedenen Wirkungsbereiche und die dazu festgelegten Indikatoren. „Die Verordnung wirkt dabei stringenter als die bisherigen Richtlinien. Die Bundesrepublik muss innerhalb von zwei Jahren einen verbindlichen Renaturierungsplan aufstellen. Europaweit sollen zum Beispiel zusätzlich zu bestehenden geschützten Gewässern noch weitere 25.000 km Gewässer renaturiert werden. Die Kriterien für ‚frei fließenden Flüsse‘ sind dabei sehr anspruchsvoll. Das ist fachlich absolut korrekt, führt aber dazu, dass die bayerischen Gewässer diesem Anspruch aktuell wohl noch an keiner Stelle gerecht werden“. Denn hier zähle zum Beispiel auch die Durchgängigkeit für Sedimente und in Seitengewässer, wie auch die Qualität des großräumigen Verbund. Die Verordnung hat zwar keine unmittelbare Wirkung z. B. auf Kommunen und Flächeneigentümer, die Bundesrepublik muss diese jedoch insgesamt erfüllen. „Entsprechend kann man das zum Beispiel in Stellungnahmen schon heute anmahnen“, so Margraf.

Mit einer Zusammenfassung eines enorm informationsreichen Tages durch Hubert Weiger endete der Vortrags-Tag des Donaukongresses. Die Kreisgruppe Deggendorf will die beim Kongress gezeigten Präsentationen sukzessive auf ihrer Webseite (deggendorf.bund-naturschutz.de) bereit stellen.

Isarabschnitt bei Plattling als Paradebeispiel für gelungene Renaturierung

Ein kleinerer Teil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer begab sich am Sonntag Vormittag noch auf eine Exkursion an die Isar unterhalb Plattling, um dort Auerenaturierung live zu sehen und zu erleben.

„Die vom Wasserwirtschaftsamt Deggendorf durchgeführten schrittweisen Renaturierungen zeigen geradezu vorbildlich, wie frühere Verbauungen zurückgebaut werden können, und wie sich enorm schnell eine Landschaft wieder entwickelt, die hier tatsächlich dem Bild der natürlichen Isar sehr nahe kommt“, erklärte Georg Kestel von der BN-Kreisgruppe dazu. Johannes Lehner, zugleich Chef der Plattlinger Fischer und stellvertretender Vorsitzender beim BN, bestätigte, dass sich auch die Fischbestände, und hier vor allem der strömungsliebenden Arten, enorm verbessert haben. Die Besucher zeigten sich – trotz des leicht regnerischen, kühlen Wetters – hochgradig begeistert von den sich darbietenden Bildern.