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Welterbe Donau er-fahren: 4. Metten - Niederalteich

Ortsgruppen

BUND Naturschutz mit dem Fahrrad auf den Spuren der Rettung der frei fließenden Donau von Straubing nach Irlbach

Eine 23 köpfige Radlergruppe traf sich Mitte Juni auf Einladung der BUND Naturschutz-Kreisgruppen Straubing und Deggendorf bei bestem Radl-Wetter am Hauptbahnhof Straubing zu einer Radtour mit dem Thema: „Die Rettung der frei fließenden Donau mit dem RAD erFAHREN“. Zwischen Straubing und Irlbach steuerte die Gruppe etliche Schauplätze an, die für den Erhalt der frei fließenden Donau und die Verhinderung der geplanten weiteren Staustufen von Bedeutung waren.

Die Radtour war die erste von insgesamt drei geplanten Fahrten zwischen Straubing und Vilshofen, die der BN im Rahmen eines vom bayerischen Umweltministerium geförderten Umweltbildungs-Projektes durchführt. Die Leitung übernahmen Andreas Molz und Georg Kestel, Vorsitzende der Kreisgruppen Straubing und Deggendorf, sowie in bewährter Form die „Fahrrad-Guides“ Andy und Jeanette Schmid sowie Irene Weinberger-Dalhof, Leiterin der Deggendorfer BN-Geschäftsstelle.

Die im Jahr 2019 gestarteten 2019 Fahrten haben sich laut Georg Kestel als „ideale Form erweisen“, um die reichen Schätze von Kultur und Natur in der Donaulandschaft „im wahrsten Sinn des Wortes zu erfahren“. Im laufenden Jahr soll mit dem Blick auf die jüngste Geschichte der Auseinandersetzung um die frei fließende Donau ein neuer Schwerpunkt hinzu kommen: „Auslöser war zunächst, dass wir uns unter den Corona-Einschränkungen ohnehin mit unseren angesammelten Archiven beschäftigen wollten; bei der Gelegenheit sollen auch die vielen verschiedenen Gruppen und Einzelpersonen wieder sichtbar und gewürdigt werden, die mit ihrem Einsatz den Erhalt der frei fließenden Donau möglich gemacht haben.“ Einen weiteren Aspekt ergänzt die Deggendorfer Geschäftsstellenleiterin Irene Weinberger-Dalhof: „Wir wollen die Bevölkerung weiterhin über den herausragenden ökologischen und gesamtgesellschaftlichen Wert der frei fließenden Donau informieren und für deren dauerhaften Erhalt sensibilisieren. Außerdem möchten wir den Menschen Mut machen, sich weiter für Umwelt- und Naturschutz einsetzen! Es lohnt sich, wie man am Beispiel der geretteten Donau sehen kann!“

Den ersten Stopp legte die Rad-Gruppe gleich am Herzogschloss in Straubing ein, das mit seinem historischen Rittersaal nicht nur ein herausragendes Geschichtsdenkmal ist, sondern auch einer der Orte, an denen um das Jahr 2000 die Ergebnisse der damals durchgeführten Untersuchungen vorgestellt wurden, wie sich Georg Kestel erinnerte. Thema eines ‚Donau-Forums‘ war damals die Wirtschaftlichkeit des Projektes. „Bemerkenswert war, dass die vom Bundesverkehrsministerium beauftragte Gutachter auf Nachfrage erklärt haben, dass man selbst bei einem Maximalausbau mit drei Staustufen keinen Effekt im LKW-Verkehr auf der A3 erkennen würde. In den Untersuchungen ergab sich noch dazu auch, dass die jetzt umgesetzte Variante A ohne Staustufen das besten Nutzen-Kosten-Verhältnis hatte.“

Öberauer Schleife - Staustufe Straubing

Die Gruppe radelte weiter über Gstütt, Hornstorf und Sossau zur „Öberauer Schleife“. Diese weit gespannte Flussschleife war bei der Errichtung der Staustufe Straubing von der Donau abgetrennt worden, vom Fluss übrig blieb am oberen Ende nur ein trauriges Rinnsal. Andreas Molz, 1. Vorsitzender der BN Kreisgruppe Straubing, erläuterte, welche fatalen Folgen sich durch diesen Eingriff in Natur und Landschaft ergeben haben – und wie weit die Versprechungen von damals zur Wirksamkeit von Ausgleichsmaßnahmen von der Realität heute entfernt sind. Georg Kestel präsentierte dazu ein 1980 erstelltes Gutachten von Prof. Reichholf, in dem z. B. behauptet wurde, dass die optimierte Schleife die Verluste an Wiesenbrüter-Lebensräumen entlang der Staustrecke komplett ausgleichen könnte. Dies hat sich ebenso wenig erfüllt, wie die versprochene „Simulation“ von Hochwasser eine tatsächlich aktive Aue aufrecht erhalten hätte. Der Versuch einer „Niedrigwassersimulation“ war vor etlichen Jahren unter anderem wegen Schäden in der veränderten Tierwelt im zwischenzeitlich entstandenen Stillgewässer abgebrochen worden.

Die Staustufe selbst wurde im dritten Stopp, direkt auf dem Trenndamm unterhalb des Stauwehres, in seiner ganzen raumgreifenden Mächtigkeit sichtbar.

Beim Kanuclub Straubing

Anschließend war es nicht mehr weit bis zum Kanuclub für die Mittagsrast, wo der Wirt schon mit Steckerlfisch und vegetarischem Curry auf die hungrigen Radler wartete. Heidi Reichl, ehemalige Vorsitzende des Kanuclubvorstands, erläuterte beim Mittagessen die enge Verbundenheit der Kanuten mit der frei fließenden Donau und gewährte Einblick in die verschiedenen Aktivitäten der Wassersportler. Der Straubinger Kanu-Club hatte dazu auf seinem Gelände, unter anderem „eingepackt“ in drei Donau-Festen, die Straubinger zu den drohenden Folgen des Staustufenbaus informiert; über die gesamte Zeit der Auseinandersetzung organisierten die Kanuten zudem mehr als 20 Kanu-Demos zum Erhalt der frei fließenden Donau.

Nach der Mittagspause führten die Radtour-Guides Andy und Jeanette Schmid die Gruppe souverän und sicher durch wunderschöne Alleen und Schleichwege donauabwärts am „Zeller Wörth“ vorbei, ein Gebiet, das regelmäßig vom Hochwasser überflutet wird und heute noch wichtige Heimat für Wiesenbrüter ist.

Einen kurzen Pausenaufenthalt gab es hier im schattigen Garten der Aukirche bei Ittling. „Diese kleine Kirche ist ein kulturelles Kleinod, und es ist schon fast einer göttliche Fügung zuzuschreiben, dass sie bei der Planung einer Umgehungstraße zum Hafen im Jahre 1988 dieser nicht zum Opfer gefallen ist“, erzählte Frau Braun, die seit 25 Jahren die Kirche ehrenamtlich betreut.

Hafen Straubing

Ein Höhepunkt der Tour war schließlich der Hafen in Straubing. Hier referierten die ÖDP-Stadträtin Maria Stauber und die ehemalige ÖDP-Kreisrätin Maria Birkeneder ausführlich über die Ereignisse, die sich im Zusammenhang mit dem Donauausbau seit den 80er Jahren ereignet hatten. Vor allem die Protestaktion anlässlich der Hafeneinweihung im Juni 1996, bei denen die beiden zusammen mit anderen Donauschützerinnen mit bedruckten T-Shirts für eine „FREIE DONAU“ eintraten, ließ die damaligen Auseinandersetzungen für die Radler lebendig werden. „Dass die Aktion damals staatsanwaltschaftliche Ermittlungen nach sich zog, die später allerdings ergebnislos eingestellt wurden, zeigt, mit welchen Bandagen damals gekämpft wurde“, erklärte Maria Stauber dazu.

Am Hafen wurde aber auch sichtbar, dass sich in den über 25 Jahren des Einsatzes für die frei fließende Donau ein riesiger Berg an Daten und Erinnerungen angesammelt hat. „Für diejenigen, die diese Zeit nicht selber miterlebt haben, müssen wir den Überblick und die Einordnung noch verbessern – unter vielen Begriffen wie z. B. den ‚variantenunabhängigen Untersuchungen‘ und unter etlichen Namen, wie etwa Prof. Ogris, können sich viele heute nichts mehr vorstellen“, merkte der Deggendorfer BN-Chef Kestel an.

Dokumentation soll aufgebaut und ausgeweitet werden

Nebeneffekt der Fahrradtouren soll daher auch sein, dass die vorhandenen Materialien gesichtet und sortiert werden; zugleich hofft der Verband auf weiteres Material, das bei Aktiven, die jahrelang für die frei fließende Donau im Einsatz waren, vielleicht in Regalen lagert. „Längerfristig wollen wir das Material erschließen und eine nutzbare Dokumentation des herausragenden bürgerschaftlichen Engagements in der Region zusammenstellen“, erläutert Kestel den Hintergrund des Umweltbildungsprojektes, das den Rahmen zu den Fahrradfahrten bildet. Von Hermann Mayer, der an der Tour teilnahm und sich jahrelang engagiert hatte, konnten die Mitfahrer in diesem Sinne etliche weitere Details zu seinem privaten Einsatzes für die Donau erfahren.

Nahe am Hafen besuchte die Gruppe noch eine „Silbergras-Flur“ - eine örtliche Besonderheit auf ehemaligen Flugsanddünen (die dem Gebiet und dem Hafen zum Namen „Sand“ verholfen haben), und die hier auf einer Ausgleichsfläche zum Hafen zu sehen war.

Endpunkt des Ausflugs war schließlich Irlbach – hier hätte nach der Maximal-Ausbauvariante D2 die Staustufe Waltendorf entstehen sollen; Georg Kestel erläuterte an einem Plan von 2005 zum damaligen zweiten Raumordnungsverfahren die Lage dieses Bauwerks im Fluss – mit geplanter Stauwirkung über die gesamte Radstrecke bis nach Straubing zurück.

Danach erklärte der Andy Schmid die erste BN-Radtour in 2021 offiziell für beendet – nicht ohne zu den beiden weiteren geplanten Touren einzuladen, am 18. Juli von Deggendorf in die Mühlhamer Schleife und nach Niederalteich sowie am 3. Oktober 2021 von Deggendorf nach Vilshofen.